Das dritte Dreieck, das ich ansehen möchte, ist eines, das in bestimmten Konstellationen im Coaching und in der Supervision entstehen kann. Dieses Dreieck lässt sich nicht vermeiden, und so gilt es, es im Blick zu behalten und auszubalancieren.
Wenn ein Supervisand oder ein Coachee Einzelsupervision oder Einzelcoaching sucht und das selbst bezahlt, entsteht ein lineares Verhältnis zwischen zwei Vertragspartnern. Beide tun, was sie vereinbaren, und niemand Weiteres ist daran beteiligt. Das ist ein sehr klares Setting.
Häufig aber ist es so, dass ein Vorgesetzter für sein Team oder die Leiterin einer Instution oder Organisation einen Berater beauftragt, mit dem Team oder der Gruppe zu arbeiten. Dann beginnt ein Teamsupervisionsprozess (zum Beispiel in einem Unternehmen) oder eine Reihe von Fallgruppenbesprechungen (wie in der Telefonseelsorge). Und häufig ist derjenige, der den Auftrag gibt, bei den einzelnen Treffen selbst nicht dabei. Dennoch bleibt er der Auftraggeber, legt die Ziele fest und bezahlt die Arbeit. Dann entsteht ein Dreieck: Auftraggeber – Supervisor – Team/Gruppe.
Von der ersten Sitzung an werden hier in der Hauptsache drei Themenbereiche sensibel, und das gilt vor allem für den Bereich der Teamsupervison.
Das erste Thema ist das der Schweigepflicht.
In einem Teamsupervisionsprozess Schweigepflicht zu vereinbaren, ist wichtig und schwierig zugleich. Darf der Auftraggeber erfahren, welche Themen besprochen wurden? Wer welche Themen eingebracht hat? Und was in der Supervision an Ergebnissen erzielt wurde? – Eigentlich darf er das nicht, wenn er selbst nicht teilnimmt. Aber: Er bezahlt die Arbeit. Darf man ihn also in der Hinsicht außen vor lassen? Das gilt es im Vorgespräch genau zu vereinbaren.
Ich selbst halte es für problematisch, wenn ein Auftraggeber nicht an der Supervision teilnimmt, aber möchte, dass es ihm gegenüber keine Schweigepflicht gibt. Dann besteht die Gefahr, dass die Supervision kein geschützter Raum ist. Für die vertrauensvolle Zusammenarbeit kann das eine Schwierigkeit sein. Ich kontraktiere daher immer Schweigepflicht für diejenigen, die tatsächlich auch an den Supervisionen teilnehmen.
Das zweite Thema betrifft die Gesprächsinhalte selbst.
Im Kontraktgespräch umreißt der Auftraggeber den Rahmen für die Gespräche. Da höre ich gelegentlich: „Bearbeiten Sie, was die Mitarbeiter hier erleben.“ Das ist nur auf den ersten Blick klar. Es ist nämlich denkbar – und gar nicht einmal selten –, dass von den Supervisanden der Auftraggeber selbst im Bezug auf seine Rolle und sein Verhalten thematisiert wird. Für den Supervisor gilt es dann, sich seiner eigenen Rolle bewusst zu bleiben. Er ist nicht der Chef des Teams, und er ist auch selbst nicht Teil des Teams. Schlägt er sich auf eine der Seite, geht etwas schief. Von den unverzichtbaren Momenten abgesehen, in denen er sich in die Themen verwickelt, hat er neutral zu bleiben.
Wenn ich merke, dass der Auftraggeber immer wieder selbst zum Thema in der Supervision wird, spreche ich das an. Ich will dann wissen: Was ist da los? Schon diese Frage kann etwas ändern. Es kann auch Sinn machen, den Auftraggeber einmal in eine der Runden einzuladen, wenn die Supervisanden das wollen und das mit dem Auftraggeber kontraktiert wird. Dann wird an dieser Stelle transparent, was besprochen wird und woran das Team arbeitet.
Das dritte Thema schließlich ist das der Kontrolle über die Ziele der Supervision.
Wer selbst nicht teilnimmt, aber die Arbeit bezahlt, hat vorher geäußert, was er sich von der Arbeit wünscht. Wie werden diese Ziele überprüfbar? Ist das eine Sache der allgemeinen Stimmung am Arbeitsplatz? Lässt der Problemdruck nach, der vielleicht den Anlass für die Teamsupervision gegeben hat? Verändert sich die Zusammenarbeit? Das alles können Zeichen für gelingende Teamsupervision sein.
Ich selbst habe mir angewöhnt, in etwa halbjährlichen kurzen Besprechungen – aber niemals zwischen Tür und Angel! – mit den Auftraggebern auf den Prozess zu schauen. Dabei berichte eigentlich nicht ich selbst; vielmehr frage ich nach den Wahrnehmungen des Auftraggebers. In aller Regel erhalte ich dadurch ein sehr klares Bild von dem, wie er die Arbeit einschätzt. Das ist dann auch eine Gelegenheit, einzelne Themenbereiche nachzukontraktieren, wenn ich das für sinnvoll halte. Zum Beispiel: Können bei einer Teamsupervision, in der es um Fälle aus der täglichen Arbeit geht, auch gruppendynamische Dinge eine Rolle spielen? Dann entsteht eine Freiheit, die viel Spielraum in der Arbeit lässt.
Und ein P.S.
Einen Aspekt möchte ich zum Schluss erwähnen. Weil sich Supervision immer an Menschen richtet, die selbst mit Menschen arbeiten und die also Beratung zweiter Ebene ist, ist die Rede von einem Dreieck streng genommen noch immer etwas unscharf. Genau bestrachtet, haben wir es mit einer Art Pyramide zu tun, mit einem mehreckigen Raum also, in dem der Supervisor mit agiert. Das kann die Komplexität noch einmal erhöhen. Mir scheint aber wesentlich, vor allem die hier benannten drei Eckpunkte im Blick zu behalten.